„Ich hab da mal ne Frage bezüglich meiner Kamera.“

Wie wäre es, wenn dieser Blogeintrag diese Frage beantwortet? Ich meine – wie wäre es, wenn du deine Kamera nach diesem Artikel verstehst? Wie funktioniert sie?

Ich habe festgestellt, dass selbst einige Semiprofis sich garnicht dafür interessieren, was denn nun in der Kamera passiert. Sie wissen, welcher Knopf mit welcher Wirkung verbunden ist und benutzen ihre gewohnten Einstellungen. Dabei gibt es kein ultimatives Rezept. Jede Situation ist so individuell wie das Motiv selbst. Weiß man, wie das Licht mit welcher Kameraeinstellung zusammenhängt, dann kann man seine Fehler analysieren, seine Fähigkeiten verbessern und seine Arbeitsweise optimieren.

Trotzdem möchte ich diesen Eintrag möglichst einfach halten, damit man meiner Meinung nach relativ einfach zum Verständnis gelangt.

 

 

Das Festhalten eines Bildes.

Es ist wie ein Wunder. Man sieht etwas, drückt auf den Auslöser und kann es sich dann immer wieder ansehen. Es ist wie ein Anhalten der Zeit. Einfach wunderbar, oder? Es klappt eigentlich nie, dass das Ergebnis so aussieht wie das Erlebnis. Es ist fast immer irgendwie was zu dunkel, zu hell, unscharf oder zeigt die falschen Farben an. Selbst der modernste Automatikmodus will da nicht so ganz das machen, was man will.

Zum Grundverstädnis einer Kamera bedarf es einer kurzen Einleitung in das Entstehen einer Fotografie. Ganz grob passiert folgendes bei einer Aufnahme:

Das Licht, fällt durch die Linse auf den Sensor; dieser sagt in jeder seiner Zellen: „Hey, da ist x-Licht mit y-Farbe!“ Darauf der Prozessor: „Okay, wie viel und wie lange denn? Und wie sensibel soll ich jetzt darauf reagieren?“ Diese Information wird innerhalb von wenigen Millisekunden auf den Kameraspeicher übertragen und zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Tada! Das Foto ist auf eurem Chip.

Eigentlich ist das alles ein total komplexer Vorgang auf technisch höchster Ebene und ich muss gestehen, dass mir das selber zu viel wird, wenn ich mir alleine schon den kurzen Wikipediaeintrag zu CMOS-Sensoren (Complementary metal-oxide-semiconductor) anschaue. Allerdings weiß ich wie man diesen Sensor fachgerecht bedient und genau das ist die Grundlage für die Arbeit mit einem Fotoapparat.

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Die Blende – Mutter des Fotos

Was genau ist die Blende? Irgendwie soll sie was verdecken, oder? Und genau das tut sie auch.

Stellt euch mal folgendes vor. Nicht ausprobieren, nur vorstellen:

Ihr schaut in die Sonne mit weit aufgerissenen Augen. Viel Licht fällt in eure Augen, ihr erblindet – auch wenn nur ganz kurz. Schaut ihr aber mit fast geschlossenen Augen in die Sonne, dann könnt ihr sie wahrscheinlich sogar mehrere Sekunden lang anstarren ohne Augenweh zu kriegen.

So in etwa funktioniert die Blende auch. Wie ein runder Fächer kann sie die Öffnung, durch die das Licht auf den Sensor treffen kann, regulieren. Weiter auf – viel Licht. Weiter zu – wenig Licht.

Jede Objektivart hat eine eigene größtmögliche Blende. Diese wird meistens auf eine Nachkommastelle gerundet. So steht in einer Objektivbeschreibung zum Beispiel sowas wie F 3.5, was soviel heißt, wie, dass die maximal erreichbare Blende bei dem Betrag von 3.5 liegt. Es ist im Grunde das Verhältnis zwischen Brennweite (Zoom-Faktor) und dem Durchmesser der Öffnung.

Je kleiner der Betrag F, desto größer ist die Blende. Hört sich unlogisch an? Hat Mathematische Ursachen, womit ich dich jetzt auch garnicht erst ärgern will, bei Bedarf aber gerne bereit bin näher drauf einzugehen.

Die meisten Fotografen haben sowieso nicht die Formel im Kopf, wenn sie die Kamera verstellen, sondern wissen vielmehr die Blendenschritte, denn wenn es um die Blende geht ist 2.8 nicht das doppelte von 1.4, sondern das vierfache.

 

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Schärfentiefe

Die Blende verändert aber viel mehr als die Zufuhr des Lichtes. Möglicherweise hast du bereits von der sogenannten Schärfentiefe gehört.

Einfach gesagt, ist das der Distanzbereich, in dem sich die Schärfe eines Fotos befindet. Bei einer großen Blende ist der Bereich sehr klein. Bei einer kleinen ist er größer. So einfach ist das. Am besten ist es, wenn man das ganze einfach mal ausprobiert.

 

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Verschlusszeit

Schonmal ein Blatt weißes Papier über eine Kerzenflamme gehalten? Bei der richtigen Distanz kann man sehen, wie sich langsam eine Ovale Form ins Blatt brennt. Hält man es nur kurz darüber, hat sich nur ein kleines bisschen Flammenspur auf dem Blatt abgebildet. Hält man es länger über die Flamme, dann verbrennt das Blatt.

Ganz grob ist es bei unseren sensiblen Kamerasensoren auch so. Je länger das Licht auf sie fällt, desto mehr Licht brennt sich hinein. Auf der Kamera wird es möglicherweise in etwa so angezeigt: 1/160, was so viel bedeutet, wie ein hundert sechzigstel einer Sekunde. Länger wäre eine Angabe wie z.B.: „4. Das bedeutet dann, dass ganze vier Sekunden lang das Licht auf den Sensor fällt

Viel Licht ist doch gut oder? Warum lassen wir dann nicht immer viel Licht auf den Sensor? Die Antwort ist für die Fotografie essentiell.

  • Weil jede auch noch so kleinste Bewegung bei längeren Verschlusszeiten aufgezeichnet wird. Man kennt diese Bewegungen als Wischer auf Bildern.

Bei unterschiedlichen Lichtbedingungen verstellt man diese Shutterzeiten natürlich. Man kann Sie sich sogar richtig zu nutzen machen.

So sind lange Verschlusszeiten z.B. für Lightpainting oder Sternfotografie und kurze Verschlusszeiten für Sport oder Makroaufnahmen gut. Es gibt unzählige Verwendungsmöglichkeiten.

Wichtig ist zu wissen, was man bei welcher Brennweite seiner Handruhe und dem Motiv zumuten kann. Ich persönlich verstelle bei Shootings normalerweise nur die Verschlusszeiten. Erst wenn diese nicht mehr ausreichen, greife ich auf andere Werte zu.

 

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Brennweite

Die Brennweite ist einfach zu erklären. Wieder möchte ich das anhand eines Beispiels machen.

Macht einen Kreis mit eurem Daumen und Zeigefinger (Brunnen). Haltet ihn genau 10 mm vor dem Auge und schaut was ihr dadurch alles sehen könnt. Jetzt erhöht die Distanz auf 50 mm. Wieviel könnt ihr jetzt noch sehen?

Herzlichen Glückwunsch. Das ist die Brennweite. Es ist nichts weiter, als der Abstand zwischen Sensor und Linse. Daher sind manche Objektive auch richtig lang (Teleobjektiv), während andere gerade mal ne Scheibe sind (Pancake).

Wichtig ist aber wieder die Schärfentiefe, die hier eine bedeutende Rolle spielt, denn je größer die Brennweite, desto weniger Schärfentiefe. Das ist für viele Einsatzmöglichkeiten, wie z.B. für die Makro- oder Wildlife-Fotografie wichtig.

 

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Was ist ein ISO?

Wie bereits weiter oben deutlich gemacht, ist die moderne Digitalkamera ein Empfindliches Gerät, jedoch ist nichts in ihr empfindlicher als der Sensor. Er ist gegenüber Licht so sensibel, dass er auch noch so kleine Lichtquellen erkennt und aufzeichnet. Diese Empfindlichkeit wird mit ISO abgekürzt. Je höher dieser Wert, desto empfindlicher reagiert er auf Licht.

Früher hatten die einzelnen Filmrollen ebenfalls eine solche Empfindlichkeit, die man an der Verpackung hat ablesen können.

Dass der Sensor mehr Lichtempfindlichkeit erlangt hat aber auch seine Kehrseite. Man kann bereits Kameras mit einer ISO-Empfindlichkeit im sechsstelligen Bereich kaufen. Das hochschrauben dieser Sensibilität geht aber immer zugunsten der Qualität eines Bildes. Es entsteht nämlich ein Rauschen. Ihr habt sicherlich schonmal diese Körner auf den Bildern entdeckt.

Man merke sich: Je kleiner der ISO, desto besser die Bildqualität.

 

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Scharf wie Chilli!

Dass ein Bild auf dem Rechner plötzlich doch nicht mehr so Scharf aussieht, als auf der Kamera, passiert immer wieder. Man sollte sich davon aber nicht verunsichern lassen. Selbst Starfotografen haben mit diesem Problem schon des Öfteren kämpfen müssen.

Prinzipiell kann man sich ja auch auf den Automatik-Modus der Kamera verlassen, wenn es um das Scharfstellen geht. Manchmal fokussiert dieser aber an der falschen Stelle. Das Problem tritt vor allem auf, wenn man eine kurze Schärfentiefe hat. Schnell ist dann der Fokus zum Beispiel nicht auf dem Auge, sondern auf dem Haar.

Dafür hat die Kamera verschiedene Fokuspunkte. Hier kann man zwei Möglichkeiten zum fokussieren nehmen.

  1. Fokuspunkt an der gewünschten Stelle wählen, Auslöser halb durchdrücken, fokussieren, Foto schießen.
  2. Fokuspunkt in die Mitte setzen und, Auslöser halb durchdrücken, fokussieren, Bildausschnitt durch Bewegen der Kamera an gewünschte Position bringen (Achtung, jetzt nicht mehr die Brennweite verändern), Foto schießen.

Ersteres geht normalerweise schneller, zweiteres ist normalerweise zuverlässiger. Man muss einfach selber schauen, welche Methode einem besser liegt.

 

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Finde die Balance – Der Weißabgleich

Eigentlich dürfte man meinen, dass der Weißabgleich der Kamera hier garnicht genannt werden müsste, wenn ich sage, dass ihr den am allerbesten auf automatisch lassen solltet. Dennoch sollte man wissen, was er macht.

Wieder übertrage ich die Situation auf das menschliche Auge. Dabei geht es um eine optische Tatsache, die wir einfach so hinnehmen, ohne wirklich zu wissen, dass sie in unserem Auge und Gehirn passiert. Wenn es mittags hell ist, sehen wir alles leicht gelblich, richtig? Abends, wenn es dunkler wird, ist alles eher bläulich, ja? Schonmal gefragt woran das liegt? Dunkel und hell ist ja klar, weil die Sonne eben unter geht. Aber was hat es mit den Farben auf sich?

Mindblow!

Ja, unser Auge stellt einen künstlichen Weißabgleich her. Dieser definiert, was denn nun genau die Farbe „weiß“ ist, denn bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen, hat diese Farbe einen unterschiedlichen Farbwert. Dieser muss beim Aufzeichnen natürlich auch geändert werden. Ausgedrückt wird der Wert in Kelvin. Je höher der Wert, desto kälter das Licht.

Die Kamera stellt den Wert in einem 2-dimensionalem Diagramm dar. Die Achsen sind mit Farbtemperatur und Farbton gekennzeichnet. Danach richtet sich dann die Kamera durch einen eigenen Lichtsensor darauf ein, welche Lichtverhältnisse gerade herrschen.

Wie bereits gesagt, ihr seid auf der sichereren Seite, wenn ihr diese Einstellung auf automatisch lasst.

Das besondere ist dann das RAW-Format.

 

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Ich hätt’s gern RAW

Wieso schwärmen alle so sehr vom RAW-Format?

Ein Bild, das 20 bis 25 Megabyte Platz braucht und dann auchnoch billig aussieht? Nein, danke! – Aber warte mal, irgendwas muss doch dran sein an diesem Format, was alle so begeistert.

Ein rohes Bild ist ein unvollendetes Bild. Das stimmt schon. Es hat kaum Kontrastwerte, kaum Farbe, Schärfe und generell wirkt es nicht gerade lebendig oder gar professionell.

Zunächst muss das rohe Stück Bild durch Bearbeitungssoftware gekocht werden, damit ein genussvolles Ergebnis erzielt werden kann.

Stellt man seine Kamera auf das Jpeg-Format, dann passiert das ganz automatisch, so wie in fast allen Kameras. Wir wollen aber möglichst weit weg von Automatik und unsere Werke personalisieren. Wir wollen uns Freiheiten in der Bearbeitung lassen, indem die Bilder noch nicht durch Programme bearbeitet und komprimiert wurden.

So haben wir dann unser RAW-Bild vor uns und setzen uns an Profilkorrekturen, Schärfe, Höhen, Tiefen und den Weißabgleich, der hier völlig verstellbar ist, ohne, dass das Bild qualitativen Schaden nimmt.

Danach kann man das Bild ja immernoch als JPEG abspeichern. Als ein ganz individuelles Werk !

Aber vergiss nicht, dass du ein entsprechendes Programm zur Decodierung des Formats benötigst.

 

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Fazit

Es gibt noch viel mehr technisches Know-How, das man über seine Kamera wissen sollte, aber diese Einstellungen helfen bereits beim Beherrschen des Lichts und des Fokus.

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